Redebeitrag von FiA bei der Kundgebung am 11.09.21, Altes Rauthaus
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Bei FiA sind wir einige Frauen, die aus Afghanistan kommen und unsere Gedanken und unsere Herzen sind ununterbrochen bei den Menschen und bei unseren Familien, die in Afghanistan leben und jetzt aushalten müssen, was uns die Mächtigen beschert haben. Wir leben hier in Deutschland. Unsere Körper sind hier aber wir fühlen uns nicht hier.
Während die Berichterstattung über die Situation in Afghanistan weniger wird, bekommen wir weiterhin täglich die Anrufe, die Hilferufe von unseren Familien. Wir hören und lesen von morgens bis abends Nachrichten, wir können nicht anders. Wir sind wie gelähmt vor Angst. Für uns ist diese Situation unerträglich. Unsere Familien sitzen in ihren Häusern fest. Sie sind voller Angst. Die Eltern versuchen, die ganze Nacht wach zu bleiben, damit die Männer sich rechtzeitig verstecken können. Sie fliehen in die Felder, sind weitgehend ohne Nahrung und ohne Versorgung. Inzwischen sind viele sehr geschwächt. Krankheit und Hunger machen sich breit. Viele Frauen sind allein mit ihren Kindern. Sie sind verzweifelt. Die Mütter wissen nicht, wie sie ihre Kinder schützen sollen, wie sie verhindern sollen, dass ihre Töchter von den Taliban abgeholt werden. Wir wissen von schrecklichen Taten der Taliban.
Und besonders trifft es die Armen Menschen. Sie werden wie immer auch jetzt weitgehend vergessen. Aber sie haben gar keine Möglichkeit zu fliehen. Sie schaffen meistens noch nicht einmal den Weg zur nächsten Grenze. Armut haben 20 Jahre Krieg von Amerika, England, Deutschland und den anderen westlichen Staaten nicht beseitigt. Im Gegenteil: Es wurden nur mächtige Herrscher unterstützt, die die Armut noch größer gemacht haben. Und jetzt sind die armen Menschen wieder die, die am meisten um ihr Leben fürchten müssen und der Willkür der Herrscher vollkommen schutzlos ausgeliefert sind.
Die Menschen in Afghanistan sind müde! So viele Jahre Krieg! Von allen Seiten waren die Kriege immer gegen sie gerichtet. Alle Herrscher, ob russisches, ob westliches Militär oder Taliban, haben die Menschen immer nur benutzt für ihre eigenen Interessen.
Bis heute gehen mutige Menschen in Afghanistan auf die Straße und fordern Freiheitsrechte. Wir hören, dass viele von ihnen schwer misshandelt, gesteinigt und erschossen werden. Unsere Herzen bluten mit ihnen und ihren Familien!
Aber es gibt auch so gute Meldungen: Wir hören von Napuli Langa, einer mutigen Frau von International Women space. Sie ist letzte Woche für mehrere Tage in Berlin auf dem Oranienplatz in einen Baum geklettert. Eine ihrer zentralen Forderung ist ein sofortiges Landesaufnahmeprogramm für afghanische Flüchtende. Diese Aktion wärmt unsere Herzen und tut soo gut! Wir hören von einzelnen Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, die in Afghanistan geblieben sind und jetzt all ihre Kräfte für die Menschen einsetzen. Wir sind ihnen unendlich dankbar! Und wir erfahren von der Aktion Kabul-Luftbrücke, die mit einem privaten Flugzeug tatsächlich schon 208 Menschen ausfliegen konnten und die dies weiter tun wollen. Sie berichten von skandalösen Blockaden der bundesdeutschen Behörden. Aber sie geben nicht auf. Wir sind begeistert von dem Mut und der Entschlossenheit dieser aktiven Menschen! Sie zeigen uns, dass es doch immer wieder möglich ist, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.
Unsere Forderung kann nur sein, dass es sichere Fluchtwege geben muss für alle Menschen, die fliehen wollen und ganz besonders auch für die Armen Menschen! An den Grenzen besonders zu Iran und Pakistan finden aktuell brutale Pushbacks statt. Aber die Grenzen zu den Nachbarländern müssen aufgemacht werden!
Und der Fluchtweg darf nicht im Nachbarland enden! Wer weiter möchte, dem muss das erlaubt sein!
Und an die Bundesregierung: Hört endlich auf mit Euren bürokratischen Regeln mit Visa und so! Damit verschleiert Ihr nur, dass Ihr keine Flüchtende hier her lassen wollt. Statt dessen muss gelten, dass jeder Person ein Visum jedem bei Ankunft in diesem Land ausgestellt werden muss!
Niemand verlässt ohne Not das Zuhause. Lasst die Menschen rein!
Gebt unseren Schwestern und Brüdern das Recht auf Leben und auf Würde!
Wir brauchen ein Bleiberecht und auf Dauer!