Wir sind im Bündnis “Lager auflösen jetzt!” aktiv. Hier gibt es das sehenswerte Video (4:14 min) und die Kurzversion (0:59min).
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Am 17.04.20 haben der Oberbürgermeister Herr Köhler und die Sozialdezernentin Frau Broistedt der Stadt Göttingen sich drängenden Fragen der Bürger*innen zur Situation von Geflüchteten in Göttingen und an den europäischen Außengrenzen in einer Fragestunde gestellt. Da derzeit weder die Ausschüsse noch der Rat der Stadt Göttingen tagen, hatte das Bündnis „Lager auflösen jetzt!“ zu einer außerordentlichen Bürger*innenfragestunde eingeladen.
Vorgaben zum Infektionsschutz wurden beachtet, indem die nicht-öffentliche Fragestunde unter freiem Himmel vor dem Rathaus stattfand, Herr Köhler und Frau Broistedt an Einzeltischen mit gebotenem Abstand saßen und nur zwei Bürger*innen stellvertretend die zuvor gesammelten Fragen vortrugen. Herr Köhler und Frau Broistedt enttäuschten allerdings erneut, indem sie sich zu dem gefordert menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten weiter in Schweigen hüllten und schließlich wütende Bürger*innen zurückließen. Damit behielten sie zur Empörung der Veranstalter*innen ihre Strategie des unverantwortlichen Nichtstuns bei. Mehrere bundesweite und lokale Organisationen und Initiativen hatten in den letzten Wochen Vorschläge gemacht und Forderungen an Politik und Verwaltung der Stadt Göttingen gestellt.
Pünktlich um 11:00 Uhr nehmen Herr Köhler und Frau Broistedt an ihren Konferenztischen auf dem Vorplatz des Neuen Rathaus zur außerplanmäßigen Bürger*innenfragestunde platz. Ein ungewohnter Anblick verglichen mit ihrem sonstigen Auftreten im Raatssaal und den Tagungsräumen während der Sitzungen in nicht-Corona-Zeiten. Melanie Struck und Saskia Peters, die für diese Fragestunde die Moderation übernehmen und die gesammelten Fragen vortragen, begrüßen. Besonders bedanken sie sich beim derzeit in Göttingen regierenden Krisenstab, der die Teilnahme von Herrn Köhler und Frau Broistedt bewilligt und darüber hinaus auch beide mit einem flotten Outfit für den besonderen Anlass ausgestattet hat.
Wie aus den Bürger*innenfragestunden bekannt, werden auch bei dieser Veranstaltung die Fragen jeweils nur mit kurzen Erläuterungen eingeführt.
Als Frau Broistedt damit konfrontiert wird, dass es in der Geflüchteten-Unterkunft Hannah-Vogt-Straße leere Zimmer und Wohnungen gibt, während andere Zimmer dort mit mehreren Personen belegt sind, und sie gefragt wird, ob Sie die Vorgesetzte von Frau Munk sei, die als Leiterin des Wohnungsamt diesen unglaublichen Zustand anordnet und aufrecht hält, hüllt sich Frau Broistedt in Schweigen. Auf Nachfrage, wer denn außer ihr Einfluss auf Frau Munk habe, um deren gerade auch in Zeiten von Corona gesundheitsgefährdenden und menschenunwürdigen Kurs zu korrigieren, deutet Frau Broistedt an, dass sie gar nicht wisse wer Frau Munk sei.
Mit einer kaum wahrnehmbaren Geste erklärt Herr Köhler, dass er über die Möglichkeiten, über das Land Niedersachsen direkt und ohne Bundesbeteiligung Geflüchtete aus den griechischen Lagern aufzunehmen, bestens informiert sei. Schließlich wurde der Rat auf entsprechende Rechtsgutachten bei der letzten vor-Corona-Bürger*innenfragestunde am 13.03.20 ausführlich aufmerksam gemacht. Die sich anschließende Frage, wann er als Verwaltungsspitze eines „Sicheren Hafens“ endlich von der Landesregierung einfordere, Geflüchtete von den europäischen Außengrenzen nach Göttingen zu holen, sitzt Herr Köhler allerdings mit eiseskalter Ruhe aus. Auch den fassungslosen Hinweis, dass durch sein weiteres Nichtstun Menschenleben gefährdet seien und die Flüchtenden ebenso wie wir Göttinger*innen Menschen seien, die ein Recht auf Schutz und ein gutes Leben haben, lässt er unkommentiert.
Die beiden Moderator*innen behalten angesichts eines ignoranten Auftretens von Herrn Köhler und Frau Broistedt trotz der dringlichen Themen zunächst die Ruhe. Sie tragen vor dem Hintergrund der Covid 19-Pandemie weitere Fragen von Göttinger Bürger*innen vor, darunter:
Welche Möglichkeiten gibt es für die Bewohner*innen der Unterkünfte, Fragen und Unsicherheiten, Sorgen und Nöte mit Fachpersonen zu teilen? Wie wird sichergestellt, dass die Geflüchteten sich untereinander sowie mit Fachpersonen angesichts möglicherweise beschränkter (fachsprachlicher) Deutschkenntnisse verstehen können?
Welche Hilfen werden im Krankheitsfall geboten? Welche Hilfen werden bei Vorliegen EINES der Symptome, die einen Hinweis auf eine Covid-19-Erkrankung geben können (Husten, Fieber, Schnupfen, Halsschmerzen, Gliederschmerzen, Luftnot, Durchfall, Störung des Geruchssinnes, Störung des Geschmackssinnes), den Betroffenen konkret geboten? Auf welchem Wege ist eine sofortige ärztliche Konsultation sichergestellt?
Inwiefern haben Vertreter*innen des bei der Stadtverwaltung angesiedelten Gesundheitsamtes die Wohnverhältnisse in allen Sammelunterkünften für Obdachlose und Geflüchteten unter den gegenwärtigen für eine Infektionsprophylaxe unmmittelbar sich ergebenden Aspekten persönlich in Augenschein genommen und fachlich beurteilt?
Wie will die Stadt damit umgehen, wenn eine Sars-Cov-2 Infektion in einer Sammelunterkunft ausbricht?
Welche Schritte wurden bereits mit welchem Ergebnis unternommen, leerstehende Wohnungen und Hotels für die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten zu öffnen und zu nutzen?
Als die Moderator*innen gewahr werden, dass Herr Köhler und Frau Broistedt der Einladung zur Bürger*innenfragestunde zwar gefolgt sind, sie letztlich aber nicht einmal Andeutungen machen, wie sie als Spitze der Verwaltung in den aufgeworfenen Fragen weiter vorgehen wollen, bricht die Moderation die Fragestunde wütend ab. Nach einem letzten Appell werden Herr Köhler und Frau Broistedt schließlich auf dem Rathausvorplatz sitzen gelassen: „Nehmen Sie Ihren Handlungsrahmen als Verwaltungsspitze endlich wahr! Setzen Sie der rassistischen Ausgrenzung und Aussonderung von Geflüchteten ein Ende! Die Geflüchteten brauchen endlich menschenwürdige Behandlung! Geflüchtete haben das gleiche Recht auf Schutz vor einer Infektion wie jeder andere Mensch!”
Bündnis „Lager auflösen jetzt!“