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Krass: Stadt will ehem. JVA an Investor verkaufen | Großartig: Gesundheitskollektiv will Solidarisches Gesundheitszentrum in ehem. JVA aufbauen

Nur wenige Wochen, nachdem wir in einem Offenen Brief Beteiligung und Transparenz für die weiteren Planungen im Viertel angemahnt haben und insbesondere die angekündigten Machbarkeitsstudien fordern, plant die Verwaltung der Stadt Göttingen mit OB Broistedt an der Spitze den Verkauf der ehem. JVA an einen Investor. Das wäre nicht nur das Gegenteil von dem, was wir in Beteiligungsverfahren seit Jahren planen und diskutieren, sondern ein Angriff auf öffentliches Eigentum und das Potential eines sozialen, solidarischen Miteinanders. Nun bleibt es zu hoffen, dass die Öffentlichkeit und die Parteien im Stadtrat so einen Irrsinn und Kurzsinn nicht mitmachen.
Vielmehr sollte nun endlich das Rahmenkonzept für ein Soziales Zentrum mit Leben und Umsetzung gefült werden, welche wir gemeinsam im Forum Waageplatz-Viertel bereits vor drei Jahren vorgelegt und zur Diskussion gestellt haben.

Aktuelle Berichterstattung im Göttinger Tageblatt
Hier ist der GT-Artikel vom 05.01.22 (nur Text | ganze Zeitungsseite ), in dem die Pläne der Stadt zum Verkauf der JVA vorgestellt werden. Im zweiten Teil des Artikels wird Bezug auf unseren Offenen Brief genommen.
In einem Leserbrief mahnt ein Göttinger am 12.01.22 im GT an: Nicht ein weiteres stadteigenes Objekt einen Investor verkaufen.
Am 12.05.22 fragt der Göttingern Stadt-Kolummnist Lars Wätzold: Gemeinwohl oder Kommerz?

Richtig gut – Pläne für Solidarisches Gesundheitszentrum werden konkret

Die Gruppe Gesundheitskollektiv Göttingen  hat sich nun erstmals öffentlich mit einer Pressemitteilung zu Wort gemeldet. Sie plant für Göttingen ein Solidarisches Gesundheitszentrum  – in der ehem. JVA! Wir rufen dazu auf, diese Initiative zu unterstützen und dokumentieren hier die Pressemitteilung für ein Solidarisches Gesundheitszentrum in ehem. JVA vom 07.01.22. Die Gruppe ist per Mail und Telefon erreichbar.

 

Offener Brief: Transparenz und Beteiligung bei Perspektive für ehem. JVA und Waageplatz

An Parteien und Fraktionen im Göttinger Stadtrat, Verwaltung der Stadt Göttingen

Dringend Transparenz und echte Beteiligung bei Programm nördliche Innenstadt geboten
Machbarkeitsstudie für ein Soziales Zentrum in der ehem. JVA, Planungen für Waageplatz

Vor kurzem haben sich zwei Quartiersmanager*innen im Rahmen des Soziale-Stadt-Programms in der nördlichen Innenstadt mit uns getroffen und von den weiteren Planungen für unser Viertel berichtet. Wir haben nun begründet Sorge, dass die angekündigte transparente, beteiligungsorientierte Umsetzung des Programms erschwert bis verunmöglicht wird. Daher erwarten wir, dass die längst überfällige Machbarkeitsstudie für die ehem. JVA endlich umgesetzt wird. Nur so kann die bauliche, nutzer*innenorientierte und finanzielle Umsetzung des Konzepts für ein Soziales Zentrum in einem breiten öffentlichen Prozess weiterentwickelt werden. Auch ist es Zeit, die Diskussion um die Gestaltung des Waageplatzes weiterzuführen.

Mit großem Aufwand und Beteiligungsverfahren hatte die Stadt Göttingen eine Voruntersuchung in der nördlichen Innenstadt vorgenommen und 2019 verabschiedet. Ziel war es, Gelder von Bund und Land für eine soziale Entwicklung und sogenannte Aufwertung zu bekommen. Im Zentrum und als Begründung für die große Fördersumme von über 10 Mio. Euro standen bis zuletzt Großprojekte wie die Nachnutzungen der seit vielen Jahren leerstehenden Stockleffmühle, der JVA sowie die Neugestaltung des Waageplatzes unter Berücksichtigung der Interessen der diversen Nutzer*innen. Die Mittel aus dem Städtebauförderprogramm „Soziale-Stadt“ für die „Nördliche Innenstadt“ wurden planmäßig noch 2019 bewilligt. Doch genau bei Großprojekten wie der JVA tut sich – nichts. Immerhin verfolgt eine Göttinger Initiativgruppe für die ehem. Stockleffmühle mit dem Konzept für ein Eine-Welt-Haus einen inhaltlich richtig guten Plan. Damit sollten die unsäglichen Versuche vom früheren OB Köhler vom Tisch sein, eine weitere städtische Immobilie in bester Lage an stadtexterne Investoren zu verkaufen und Gestaltungsspielraum aus der Hand zu geben.

Was ist mit dem Waageplatz? Mit der Bewilligung der Fördergelder 2019 wurde die öffentliche Diskussion um die Berücksichtigung der vielfältigen Bedürfnisse der Nutzer*innen zum Erliegen gebracht. Dabei hatten das Forum Waageplatz-Viertel und zahlreiche Anwohner*innen in verschiedenen städtischen Veranstaltungen ihre praktischen und kreativen Ideen bereits eingebracht. In dem Papier „Sanierungsgebiet ‚Nördliche Innenstadt‘“ von 2021/02 ist ein Beteiligungs- und Planungsverfahren für die Umgestaltung des Waageplatzes angekündigt.

Was ist mit der ehem. JVA? Politiker*innen und Verwaltung verweisen immer wieder auf das Soziale-Stadt-Programm, in dem als nächster Schritt eine Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie für die JVA vorgesehen ist. Mittel für diese Studie sind Teil der bewilligten Fördergelder, ebenso wie ca. 5,6 Mio Euro für die Sanierung des Gebäudes. Als Teil des Forums Waageplatz-Viertel haben wir für die ehem. JVA ein Kurzkonzept für ein Soziales Zentrum vorgelegt. Es sieht eine nicht-kommerzielle, soziale Nutzung vor und ist mit den inhaltlichen Vorgaben der verabschiedeten Vorbereitenden Untersuchung kompatibel (vgl. „Sanierungsgebiet ‚Nördliche Innenstadt‘“: Stadträume, Maßnahmen der Vorbereitung, 02). Bei einem Sozialen Zentrum wären sowohl Interessen der Anwohner*innen (z.B. Nachbarschaftszentrum) als auch allgemein von Göttinger*innen und Gästen (z.B. verschiedene Ausstellungs-, Begegnungs-, und Beratungsräume) berücksichtigt. Aktuell plant eine Initiativgruppe ein Solidarisches Gesundheitszentrum für Göttingen, wie es das in einigen anderen Städten bereits ähnlich gibt. Ein Solidarisches Gesundheitszentrum mit entsprechendem Raumbedarf würde ideal in das bisherige Konzept für ein Soziales Zentrum passen und die zukünftige Nutzung der ehem. JVA bereichern.

Wir erwarten die Einhaltung Ihrer Zusagen sowie ein transparentes und beteiligungsorientiertes Vorgehen bei der Gestaltung unseres Viertels. Bereits bewilligte Gelder aus dem Förderprogramm müssen jetzt auch für Machbarkeitsstudie und Sanierung der JVA u.a. eingesetzt werden.

Göttingen, 20.12.21, Our House OM10

Blockade der SPD-Parteizentrale Göttingen: EU-Grenzen auf – in Polen und überall!

Am Freitag, 19.11.21, wurde von bis zu 50 Aktivist*innen vormittags für zwei Stunden die Göttinger SPD-Parteizentrale blockiert. Gefordert wurde insbesondere, die Geflüchteten an der polnisch-belarusischen Grenze sofort zu evakuieren und ihnen sichere Bleibeperspektive in Deutschland zu geben.

Alle Fotos von Linksunten Göttingen.

Im Folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung des Bündnis für offene Grenzen :

Seit heute morgen blockieren etwa 40 Aktivist*innen des Bündnisses für offene Grenzen den Eingang der SPD-Parteizentrale in Göttingen. Mit der Blockade soll die SPD als zukünftige Regierungspartei an ihre Verantwortung in der katastrophalen Situation an der belarussisch-polnischen Grenze erinnert werden. Das Bündnis für offene Grenzen fordert die sofortige Aufnahme der Menschen auf der Flucht.

Die Blockade der Zugänge der SPD-Parteizentrale in Göttingen steht seit heute morgen. Es sind etwa 40 Menschen vor Ort, die sich in die Eingänge gesetzt haben und per Megafon die Öffentlichkeit informieren. Die Aktivist*innen machen auf die Situation an der  belarussisch-polnischen Grenze aufmerksam, unter anderem auch mit Transparenten. Seit einigen Wochen werden tausende Menschen an der Grenze zwischen Polen und Belarus unter lebensgefährlichen und menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, ohne Schutz vor Kälte und Regen, ohne Zugang zu Trinkwasser oder Nahrung und ohne medizinische Versorgung werden sie in der Grenzregion eingesperrt. Mindestens 10 dieser Menschen sind dabei bereits zu Tode gekommen. Zehntausende polnische und belarussische Soldat*innen und Paramilitärs setzen Tränengas und andere brutale Gewalt gegen die Flüchtenden ein. All das passiert unter Ausschluss der Öffentlichkeit. So wird z.B. Journalist*innen und NGOs der Zugang zu den Menschen aktiv verwehrt.

Dazu erklärt das Bündnis für offene Grenzen: «Wir werden zu dieser verbrecherischen Bekämpfung von Flüchtenden durch die EU und die anderen Staaten nicht länger schweigen. Deshalb blockieren wir hier heute die SPD-Parteizentrale, um darauf aufmerksam zu machen und die Politiker*innen in ihre Verantwortung zu nehmen, diese Situation zu beenden und die Grenze zu öffnen».

Weiter kritisiert das Bündnis das allgegenwärtige Nichthandeln der EU-Staaten und insbesondere der Bundesregierung und fordert die sofortige Aufnahme der Menschen von der belarussisch-polnischen Grenze in Deutschland. Ausserdem wird die Gewährleistung von medizinischer Nothilfe sowie die Beachtung der Menschenwürde auch an dieser Grenze von den Aktivist*innen gefordert. «Hauptsächlich aber wollen wir uns durch unsere heutige Aktion mit den flüchtenden Menschen solidarisieren und uns für die Bewegungsfreiheit aller Menschen aussprechen.»

Aufstand in Patagonien

Buchvorstellung und Gespräch mit Adrián Moyano

Mo 22.11.2021 | 19 Uhr | Saal OM10

„Aufstand in Patagonien“ von Osvaldo Beyer porträtiert die („anarchistischen“) Arbeiteraufstände der 20er Jahren und ihre Niederschlagung durch das argentinische Militär. 50 Jahre lang wurden diese Ereignisse in der argentinischen Historiographie verschwiegen, bis Osvaldo Bayer sie mit dem Buch und Dokumentarfilm “Patagonia rebelde” (deutsch: Aufstand in Patagonien) in Argentinien und weltweit bekannt machte. Aufgrund dieser und anderen Arbeiten galt der Autor den argentinischen Linken als Identifikationsfigur, den Indigenen-Mapuche als “einziger deutscher Freund” und den Rechten bis zu seinem Tod als anarchistische Hassfigur.

Im Jahr 2020 erschien das Sammelband „Patagonia Rebelde. 100 años“ mit Artikeln, die den Beitrag von Osvaldo Beyer reflektieren und erweitern. Adrián Moyano, Autor in diesem Buch und Aktivist, präsentiert „Aufstand in Patagonien“ und fokussiert dabei Kontinuitäten in den Kämpfen, die damals im Rahmen der („anarchistischen“) Arbeiteraufstände und heute im Rahmen der Mapuche-Bewegung geführt werden.

Zur Person: Adrián Moyano ist Politologe, Journalist und Autor verschiedener Bücher zur Geschichte des Widerstands der Mapuche. Zudem engagiert er sich in der NGO „Espacio de Articulación Mapuche“.

Veranstaltet vom Labor für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung und OM10; moderiert von Ana Troncoso

Für den Einlass gilt die 3G-Regel

Wer stoppt die Faschisten? Redebeitrag der jüdischen Hochschulgruppe zum Mahngang im Anschluss an die Gedenkstunde am 09.11.21

Im Anschluss an die seit 1973 jährlich von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Stadt Göttingen am 9. November organisierten Gedenkstunde am Mahnmal der Synagoge fand 2021 erstmals ein Mahngang statt.
Nach Ende der Gedenkstunde hatten Teilnehmende wie immer Gelegenheit, eine zeitlang in Stille zu sein. Mit einem Lied von Esther Bejarano wurde dann übergeleitet, an dem Mahngang teilzunehmen. Der Mahngang unter dem Motto „Wer stoppt die Faschisten?“ war initiiert vom Verband Jüdischer Studierender Nord Göttingen, dem Roma Antidiscrimination Network und der A.L.I. Rund 500 Teilnehmende zogen vom Platz der Synagoge zunächst in Stille, später lautstark als Demo in die Innenstadt, wo am Gänseliesel die Skulptur der Tür der Synagoge von Halle abgebaut wurde, um an anderen Orten an das antisemitische Attentat 2019 in Halle zu erinnern und zum antifaschistischen Widerstand aufzurufen.
Wir solidarisieren uns mit den Anliegen der jüdischen Hochschulgruppe und dokumentieren im folgenden den Redebeitrag von Nui (VJS Nord Göttingen). Die Einladung, am Mahngang teilzunehmen, hat Nui kurz vor Ende der Gedenkstunde ausgesprochen, den Redebeitrag dann zum Beginn des Mahngangs, ebenfalls noch am Platz der Synagoge.
Alle Fotos sind von Links Unten Göttingen.

Guten Abend, wie sie vielleicht schon gehört habt gibt es nach der Gedenkstunde der Stadt noch einen Mahngang der zu verschiedenen Orten führt mit der Frage im Hinterkopf, wer stoppt die Faschisten? Der Mahngang ist initiiert vom Verein jüdischer Studierender Nord wo ich dazu gehöre, dem Roma Center und der Antifaschistischen Linken kurz Ali. Uns war es wichtig auch noch ein Programm zu haben, welches sich mehr aufs heute bezieht und unseren Betroffenen Stimmen mehr Raum gibt. So werden wir nach dem Kaddish das Jacqueline nachher mit uns sprechen wird mit dem Lied Mir leben eijbig, gesungen von Esther Bejarano aleha hashalom den Uebergang gestalten. Das Lied ist das Finale einer Revue “Mojsche halt sich”, die 1943 im Wilnaer Ghetto komponiert und aufgeführt wurde. Im September 1943 wurde das Ghetto zerstört und seine Bewohner_innen ermordet. Lejb Rosenthal hat es komponiert und wurde 1916 geboren und 1944 in einem Arbeitslager in Kloga/Estland erschossen. Das Lied “Mir leben eijbig” ist ein starkes Statement dass wir als Jüd_innen in einer brennenden Welt, voller Antisemitismus und Rassismus trotz alledem immer noch leben und überleben werden.

KADDISH UND LIED

Ich erinnere mich noch genau wie ich das erste Mal vor diesem Denkmal war, welches da steht wo früher vor 1938 eine Synagoge stand hier am Platz der Synagoge, weil ich auf dem Weg zu einer Veranstaltung in der OM10 an einer zu der Festung Europa war. Die OM10 ist ein Haus welches sich sehr stark mit praktischer Solidarität mit Menschen auf der Flucht, Bleiberecht und Antirassismus beschäftigt Ich hatte Hunger und hab mich auf eben diese Treppen gesetzt um zu Essen und das Denkmal angeschaut. Es erinnerte mich an einen Weihnachtsbaum und ich war verwundert darüber, wo genau die Verbindung zum den November Pogromen und der Shoa war. Ich habe es nicht verstanden, ich verstehe es heute nicht, auch wenn ich mittlerweile weiss dass es Davidsterne sind. Ich glaube mein Reaktion darauf ist auch ein Sinnbild dafür wie das Gedenken in Deutschland uns junge Jüd_innen nicht einbezieht und unsere Perspektiven nicht sichtbar macht. Für mich sind Erinnerungsdenkmäler kalte Orte, Orte die für weiss-christliche Deutsche gemacht wurden, Orte die sich nicht jüdisch anfühlen, Orte die so tun, wie wenn es Menschen wie mich nicht geben würde. Für mich sind Synagogen lebendige Orte, nicht Leerstellen in Stadtplänen. Das zeigt auch die Stimmung des Anlasses vorher, weil ich fühle mich am 9.11 nicht traurig oder andächtig. Ich wütend und ich möchte euch gerne erzählen was mich so wütend macht.

Jahr für Jahr werden Jüd_innen angefragt hier am Platz der Synagoge zu reden, am liebsten wenn wir unsere eigene Geschichte zur Schau stellen, damit alle sehen wie furchtbar es meinen Vorfahren erging,wir dann aber Sichtbar machen dass es uns trotzdem noch gibt und dass wir Euch vergeben haben. Aber ich habe nicht vergeben, ich bin wütend und ich habe es satt jedes Jahr am 9.11 exotisiert und vereinfacht zu werden. Ich habe es satt jedes Jahr dafür zu dienen, dass oberflächliches Gedenken stattfindet und die selben Menschen die nette Reden halten am nächste Tag trotzdem Abschiebungen gut heißen von Rom_njas in Göttingen und anderswo, Rom_njas und Sinti_zze die Vorfahren hatten die in den selben KZ waren wie meine Vorfahren. Ich weiß auch nicht warum wir am 9.11 gedenken wo tausende Menschen deportiert wurden und weiss-christliche Deutsch in vielen Städten geklatscht haben als Synagogen brannten, oder es mindestens hinter vorgehaltener Hand ganz gut fanden. Ich will Euch kurz was zu historischer Kontinuität erzählen: 9. November 1923 – war der Hitler-Ludendorff-Putsch in München: Der Nationalsozialismus wird erstmals international wahrgenommen.

Adolf Hitler, der bis dahin in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannte Parteichef der NSDAP, unternimmt einen Putschversuch gegen die demokratische Reichsregierung. Das Unternehmen, das 16 Todesopfer fordert, scheitert bereits nach wenigen Stunden vor der Münchner Feldherrnhalle. Als er zehn Jahre später an die Macht gelangt erklärt er den 9. November zu einem Gedenk- und Feiertag. An ihm finden während der NS-Diktatur alljährlich staatliche Trauerfeiern statt, bei denen der sogenannten „Blutzeugen der Bewegung“ gedacht wird. Wir haben also einen Tag genommen der bereits zu Zeiten des Nationalsozialismus als Trauertag verwendet worden ist. Wer stoppt die Faschisten?

Heute ist nicht mein Gedenktag, es ist der Gedenktag derer die wenigstens historisch, aber leider allzuoft auch heute dafür Verantwortlich sind dass es immer noch Rassismus und Antisemitismus gibt. Und wenn ihr jetzt denkt das ist alles lange her, dann erinnere ich Euch an Hoyersverda in den 90ern an brennende Asylheime und die Menschen die da auch davor standen und klatschten und an eine deutsche Regierung die als Reaktion darauf das gesamte Asylsystem noch repressiver gemacht hat. Ich frage mich dann: Wer stoppt die Faschisten?

Nichts ist gut, im Gegenteil vieles wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Mehr rechte Gewalt, ein immer repressiveres Asylsystem, jede Woche neue Antisemitische Gewalt, keine Anerkennung von rassisticher Gewalt an Sinti*zze und Romn*jas oder des Poramjos, täglich Abschiebungen irgendwo in Deutschland, Polizei, Militär und Parlamente voller Menschen die offen rechtes Gedankengut zur Schau tragen und eine EU Aussengrenze wo gerade jetzt in diesem Moment Menschen erfrieren und sterben um die Festung Europa zu verteidigen. Wir alle sind mitverantwortlich für dieses unglaublich Versagen und die Tatsache wie Rassismus, Christlich-weisse Vorherschaft und Antisemitismus ein grundfester Bestandteil von Deutschland sind. Ich frage Euch ernsthaft Wer stoppt die Faschisten?

Ich habe viel Solidarität mit allen anderen migrantischen Personen und Betroffenen von Rassismus und Antisemitismus in meinem Herzen. Aber es fällt mir besonders schwer mit anzuschauen wie dieses Land mit Romn_ja umgeht und uns Jüd_innen als Vorhängeschild ihrer angeblichen Wiedergutmachung benutzen. Warum wurde auf diesem Platz vor uns zur Gedenkfeier nicht auch jedes Jahr eine  Person oder eine Gruppe eingeladen die vom Porajmos dem industriellen Massenmord an Sinti_zze und Romanj_as betroffen ist? Wo bleiben die Schweigeminuten, das Gedenken und die Wiedergutmachungszahlungen? Wo die Aufnahme und Sicherheit? Solange es kein Bleiberecht für alle Romn*ja und Sinti*zze gibt gibt es keine Wiedergutmachung. Nie wieder gilt für alle! Und ich frage erneut: Wer stoppt die Faschisten?

Ich bin es Leid. Ich bin wütend. Immer wieder über diese Dinge sprechen zu müssen, meine Identität von der Gesellschaft bestimmen zu lassen, welche mir sagt: Hey du bist ein jüdischer Mensch, erzähl uns was von Antisemitismus und dem Holocaust. Nein! Meine migrantische und jüdische Identität ist viel mehr als das, ihr müsst euch selbst mit diesen Dingen auseinandersetzen. Sich mit Betroffenen zu solidarisieren, und ihre Perspektiven wahrzunehmen, bedeutet nicht nur diese als Aushängeschilder der eigenen Genugtuung zu verwenden, um Hauptsache sich selbst als weniger problematisch darzustellen. Das passiert auch viel zu oft an antifaschistischen Demos. Sondern es erfordert auch aktive eigene Arbeit an eigenen rassistischen und antimsemitischen Mustern zu leisten, sei es auch im eigenen Freundeskreis, auf der Arbeit, in deiner Politgruppe oder eben in der Politik und auf offener Straße und es bedeute unsere Stimmen als Jüd_nnen, als BIPoC, als von Rassismus und_oder Antisemitismus Betroffenen zu verstärken und ernst zunehmen. Es bedeutet mit uns Schulter an Schulter zu kämpfen. Also wer stoppt die Faschisten?

Praxis und Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung

Alle Veranstaltungen finden um 18 Uhr in der OM10 (Obere-Masch-Straße 10, 37073 Göttingen) statt.  Bitte beachtet die 3G – Corona Regelung.

17.11 Mobilisierungsveranstaltung zur Demo gegen das PKK-Verbot in Berlin (27.11)
Ticketverkauf für gemeinsame Anreise zur Demo nach Berlin (27.11) auf der VA

Mit unserer Veranstaltung möchten wir, mit der „Initiative Verbot aufheben“, über das Betätigungsverbot der PKK in der BRD sprechen und welche verheerenden Folgen jenes hierzulande bis heute mit sich trägt. Wir wollen sichtbarer machen, welche Kämpfe geführt wurden, welcher Widerstand geleistet wurde und was es bedeutet, wenn probiert wird, eine antikoloniale und vor allem frauenbefreiende Bewegung zunichtezumachen.

24.11 Demokratischer Konföderalismus

Um besser zu verstehen was hinter dem Vorschlag des demokratischen Konföderalismus steckt, wollen wir uns grundlegend mit dem Hintergründen und Erfahrungen der kurdische Freiheitsbewegung auseinander setzten. Wir wollen zuhören und von revolutionären nicht europäischen Bewegungen lernen und diskutieren, wie die Umsetzung des demokratischen Konföderalimus hier in Europa aussehen kann. Zu der Veranstaltung kommt Nilüfer Koc, eine kurdische Politikerin. Sie wird grundsätzlich auf den demokratischen Konföderalismus und die Rolle der Gesellschaft in ihr eingehen. Außerdem wird sie einen Blick auf die aktuelle Aufbauphase in Kurdistan werfen.

8.12 Buchvorstellung “Wir Wissen Was Wir Wollen. Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien.”

2018 reiste die feministische Delegation “Gemeinsam Kämpfen” aus Deutschland in die Autonomen Gebiete Nord-und Ostsyriens. Daraus entstanden ist das Buch “Wir Wissen Was Wir Wollen”.  An diesem gemeinsamen Abend werden Freund*innen von den Erfahrungen der Delegation berichten und die Inhalte des Buches vorstellen. Einerseits wird es darum gehen, einen konkreten Einblick in die gegenwärtige Revolution in den Autonomen Gebieten zu bekommen. Andererseits werden wir die Frage stellen, wie und ob sich die Erfahrungen vom revolutionären Aufbau in Nord- und Ostsyrien mit Kämpfen in Göttingen in Verbindung setzen lassen.

15.12 Kriminalisierung der kurdischen Bewegung, VA mit Betroffenen u. RA Sven Adam

Mit unserer Infoveranstaltung wollen wir die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung und der Kurdistan-Solidarität zur Diskussion stellen und gemeinsam Gegenstrategien entwickeln.

An diesem Abend kommen einige kurdische Aktivist*innen, die von Repression betroffen sind zu Wort. Außerdem wird ein Anwalt, der Kurdinnen und Kurden juristisch vertritt skizziern welche Entwicklung und welches Ausmaß die Kriminalisierung der Kurdischen Befreiungsbewegung angenommen hat.

 

Zu Afghanistan nach der Kapitulation der westlichen Mächte und der Machtübernahme der Taliban

Redebeitrag von FiA bei der Kundgebung am 11.09.21, Altes Rauthaus
Alle Fotos von Linksunten Göttingen

Bei FiA sind wir einige Frauen, die aus Afghanistan kommen und unsere Gedanken und unsere Herzen sind ununterbrochen bei den Menschen und bei unseren Familien, die in Afghanistan leben und jetzt aushalten müssen, was uns die Mächtigen beschert haben. Wir leben hier in Deutschland. Unsere Körper sind hier aber wir fühlen uns nicht hier.

Während die Berichterstattung über die Situation in Afghanistan weniger wird, bekommen wir weiterhin täglich die Anrufe, die Hilferufe von unseren Familien. Wir hören und lesen von morgens bis abends Nachrichten, wir können nicht anders. Wir sind wie gelähmt vor Angst. Für uns ist diese Situation unerträglich. Unsere Familien sitzen in ihren Häusern fest. Sie sind voller Angst. Die Eltern versuchen, die ganze Nacht wach zu bleiben, damit die Männer sich rechtzeitig verstecken können. Sie fliehen in die Felder, sind weitgehend ohne Nahrung und ohne Versorgung. Inzwischen sind viele sehr geschwächt. Krankheit und Hunger machen sich breit. Viele Frauen sind allein mit ihren Kindern. Sie sind verzweifelt. Die Mütter wissen nicht, wie sie ihre Kinder schützen sollen, wie sie verhindern sollen, dass ihre Töchter von den Taliban abgeholt werden. Wir wissen von schrecklichen Taten der Taliban.

Und besonders trifft es die Armen Menschen. Sie werden wie immer auch jetzt weitgehend vergessen. Aber sie haben gar keine Möglichkeit zu fliehen. Sie schaffen meistens noch nicht einmal den Weg zur nächsten Grenze. Armut haben 20 Jahre Krieg von Amerika, England, Deutschland und den anderen westlichen Staaten nicht beseitigt. Im Gegenteil: Es wurden nur mächtige Herrscher unterstützt, die die Armut noch größer gemacht haben. Und jetzt sind die armen Menschen wieder die, die am meisten um ihr Leben fürchten müssen und der Willkür der Herrscher vollkommen schutzlos ausgeliefert sind.

Die Menschen in Afghanistan sind müde! So viele Jahre Krieg! Von allen Seiten waren die Kriege immer gegen sie gerichtet. Alle Herrscher, ob russisches, ob westliches Militär oder Taliban, haben die Menschen immer nur benutzt für ihre eigenen Interessen.

Bis heute gehen mutige Menschen in Afghanistan auf die Straße und fordern Freiheitsrechte. Wir hören, dass viele von ihnen schwer misshandelt, gesteinigt und erschossen werden. Unsere Herzen bluten mit ihnen und ihren Familien!

Aber es gibt auch so gute Meldungen: Wir hören von Napuli Langa, einer mutigen Frau von International Women space. Sie ist letzte Woche für mehrere Tage in Berlin auf dem Oranienplatz in einen Baum geklettert. Eine ihrer zentralen Forderung ist ein sofortiges Landesaufnahmeprogramm für afghanische Flüchtende. Diese Aktion wärmt unsere Herzen und tut soo gut! Wir hören von einzelnen Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, die in Afghanistan geblieben sind und jetzt all ihre Kräfte für die Menschen einsetzen. Wir sind ihnen unendlich dankbar! Und wir erfahren von der Aktion Kabul-Luftbrücke, die mit einem privaten Flugzeug tatsächlich schon 208 Menschen ausfliegen konnten und die dies weiter tun wollen. Sie berichten von skandalösen Blockaden der bundesdeutschen Behörden. Aber sie geben nicht auf. Wir sind begeistert von dem Mut und der Entschlossenheit dieser aktiven Menschen! Sie zeigen uns, dass es doch immer wieder möglich ist, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.

Unsere Forderung kann nur sein, dass es sichere Fluchtwege geben muss für alle Menschen, die fliehen wollen und ganz besonders auch für die Armen Menschen! An den Grenzen besonders zu Iran und Pakistan finden aktuell brutale Pushbacks statt. Aber die Grenzen zu den Nachbarländern müssen aufgemacht werden!

Und der Fluchtweg darf nicht im Nachbarland enden! Wer weiter möchte, dem muss das erlaubt sein!

Und an die Bundesregierung: Hört endlich auf mit Euren bürokratischen Regeln mit Visa und so! Damit verschleiert Ihr nur, dass Ihr keine Flüchtende hier her lassen wollt. Statt dessen muss gelten, dass jeder Person ein Visum jedem bei Ankunft in diesem Land ausgestellt werden muss!

Niemand verlässt ohne Not das Zuhause. Lasst die Menschen rein!
Gebt unseren Schwestern und Brüdern das Recht auf Leben und auf Würde!
Wir brauchen ein Bleiberecht und auf Dauer!

Gutes Wohnen für Alle – Forderungen für Göttingen!

Die offene Reihe der omzewand mit Beiträgen von u.a. Göttinger Stadtgruppen wird seit dem 24.08.21 fortgesetzt mit einem Banner des Bündnis Gutes Wohnen für Alle.

Forderungen nach Mietenstopp und konsequenter Rekommunalisierung sind so naheliegend wie angesichts der verheerenden Stadtpolitik der letzten Jahrzehnte auch dringlich. Und da es die Mehrheitsparteien immer noch nicht glauben, der wichtige Hinweis: Der freie Markt ist keine Lösung! Das ausfürliche Wohnkonzept für Göttingen “Für eine bezahlbare und solidarische Stadt” findet ihr auf der Webseite des Büdnisses.