Unterstützung des Projekts “Gesundheitshilfe für Menschen ohne Krankenversicherung”

Brief an Politiker*innen und Parteien in Stadt und Landkreis Göttingen

Medizinische Versorgung für alle Menschen! In Zeiten der Corona-Pandemie und immer!

Wir unterstützen die Initiative des medinetz Göttingen für eine medizinische Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung während der Covid-19 Pandemie und teilen die Forderungen:

1. Die Etablierung der Gesundheitshilfe für Menschen ohne Krankenversicherung. Hierfür gibt es einen Projektantrag von Diakonie und Medinetz Hannover zur Sicherstellung einer grundlegenden medizinischen Versorgung von allen Betroffenen in Niedersachsen (Mehr Informationen hierzu auf Nachfrage bei medinetz_goettingen@posteo.de).
2. Eine strikte Unterlassung der Weitergabe von Daten, insbesondere von Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus. Eine Inanspruchnahme von gesundheitlicher Versorgung darf keine Ausweisung oder sonstige rechtliche Konsequenzen zur Folge haben. Die Daten von Infizierten und von Kontaktpersonen, die dem Gesundheitsamt gemeldet werden, müssen seiner ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Nur so ist zudem gewährleistet, dass unsere Klient*innen die Kommunikation bezüglich Tests, evtl. Behandlung, Hygiene- und Kontaktmaßnahmen mit uns aufrecht erhalten.
3. Die schnellstmögliche Klärung der Kostenträgerschaft, sowie eine Zusicherung der Kostenübernahme für alle Menschen, die vom Coronavirus betroffen sind oder sich darauf testen lassen müssen.

Michael Kensy: “In unserem Projekthaus OM10 hatte das medinetz Göttingen seit Ende 2017 ein Beratungsbüro für den “Anonymen Krankenschein”. Täglich waren wir Zeug*innen, wie geflüchtete Menschen ohne Papiere hier zumindest medizinsche Erstberatung, -versorgung und Überweisung an Fachstellen erfahren haben. Der immense Bedarf war augenscheinlich. Umso bitterer war es für uns mit ansehen zu müssen, als den Betroffenen, die weiter zu uns in die OM10 kamen, diese Hilfe plötzlich vorenthalten wurde.” Das Land Niedersachsen hatte die Finanzierung zum Herbst 2018 eingestellt und die Stadt Göttingen verweigerte die Bereitschaft zur Fortsetzung. So musste das Projekt “Anonymer Krankenschein” alternativlos abgewickelt werden. Eine geregelte medizinische Versorgung für alle Menschen rückte in weite Ferne.

Wir begrüßen den Ansatz, erneut ein entsprechendes und in Zeiten der Corona-Pandemie einmal mehr lebenswichtiges Projekt initiativübergreifend zu initiieren. Wir haben Respekt vor der Arbeit des medinetz, die diesen Vorstoß vornehmen, trotzdem sie in der Vergangenheit mehrfach zurückgewiesen wurden. In unseren Forderungen an den Rat der Stadt Göttingen vom 31.03.20 haben wir bereits auf eine Sofortmaßnahme zur “Wiedereinführung des Anonymen Krankenscheins für illegalisierte Geflüchtete” gedrängt. Das nun von medinetz u.a. vorgelegte Projekt “Gesundheitshilfe für Menschen ohne Krankenversicherung” ist in unseren Augen differenziert und bedarfsgerecht konzipiert. Seine Realisierung ist ein wichtiger Schritt hin zu einer solidarischen gesetzlichen Gesundheitsversicherung für Alle, um schließlich allen Menschen in Deutschland Zugang zu gleich guten Behandlungsmöglichkeiten zu bieten.

Göttingen, 30.04.2020