Erster Prozess beginnt wegen Widerstand gegen illegale Inhaftierung und Abschiebung von Willard

Schluss mit der Kriminalisierung von humanitärem und antirassistischem Engagement!

Am Mittwoch, 16.10.19, beginnt um 8:30 Uhr vor dem Amtsgericht Göttingen der erste Prozess gegen einen der Unterstützer*innen, die sich am 24.05.18 der illegalen Inhaftierung und Abschiebung von Willard Gondo in den Weg stellten.
Damals forderten rund 150 Menschen vor der Polizeiwache Groner Landstraße die sofortige Freilassung von Willard, der dort festgehalten wurde. Von vornherein gingen Polizist*innen aggressiv gegen die anwesenden Unterstützer*innen vor und eskalierten schließlich die Situation, nachdem weitere Einheiten hinzugezogen worden waren. Die Polizeikräfte setzten u.a. Gewaltandrohungen, Tritte, Schläge und Pfefferspray ein. Mehrere Aktivist*innen wurden von der Polizei festgenommen, gegen mindestens acht wurden Anzeigen mit dem Vorwurf verschiedenster Straftatbestände erhoben. Willard wurde schließlich von den Polizeikräften nach Berlin verschleppt, von wo er am nächsten Tag nach Norwegen abgeschoben wurde.
Am 12.08.19 erklärte das Landgericht Göttingen die Inhaftierung von Willard Gondo als nicht rechtmäßig. Dennoch wird seine Abschiebung nicht rückgängig gemacht und Polizei und Justiz setzen die Kriminalisierung der Unterstützer*innen fort.

In Göttingen gibt es seit Jahren immer mehr Menschen, die Geflüchtete vor staatlichen Übergriffen verstecken oder es nicht hinnehmen, wenn Menschen aus unserer Mitte abgeschoben werden sollen. Angesichts der verheerenden Verhältnisse in den Fluchtländern und an der europäischen Grenze wächst die Bereitschaft, sich illegetimem – und wie in diesem Fall auch illegalem – Handeln der Akteuer*innen der Abschiebemaschine in den Weg zu stellen.

Immer wieder kriminalisieren Polizei und Justiz humanitäres und antirassistisches Engagement genau dann, wenn Rassismus als staatlich organisiert kritisiert wird und Widerstand wirksam ist. Aufrechterhalten werden soll das reibungslose Zusammenspiel von BetreiberInnen von Unterkünften, Ausländerbehörde, Justiz und Polizei. Gleichzeitig versucht die Polizei durch harte Repression von ihrem eigenen brutalen Vorgehen abzulenken. Die Kriminalisierung des Widerstands gegen die Abschiebung von Willard sehen wir in diesem Zusammenhang. Die nachträgliche Feststellung wie in diesem Fall, dass das Vorgehen von Ausländerbehörde, Amtsgericht und Polizei zu einer illegalen Inhaftierung geführt hat, bleibt ein Einzelfall und nützt den Betroffenen in der Regel nicht. Wir rufen dazu auf, uns nicht einschüchtern zu lassen und die Aktivist*innen bei ihren Prozessen zu unterstützen.

Kriminalisiert werden einige, gemeint sind Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen!
Abschiebungen stoppen, wer bleiben will soll bleiben!
Für die Rückkehr von Willard Gondo!

Wir rufen auf zu solidarischer Prozessbegleitung:
Mittwoch, 16.10.19, 8:00 Uhr, Amtsgericht Göttingen, Raum B25

Hintergrund:
Am 24.05.18 hat Pascal Comte, damals DRK-Leiter der Massenunterkunft Siekhöhe, Willard Gondo unter einem Vorwand dort aufgehalten und währenddessen die Polizei gerufen, um ihn abschieben zu lassen. Willard wurde mittags in der Siekhöhe illegal in Haft genommen und nach einem Aufenthalt in der Göttinger Polizeistation Groner Landstraße am frühen Abend in einen Abschiebeknast nach Berlin gebracht. Von Berlin wurde er am 25.05.18 mit einem Sammeltransport nach Oslo abgeschoben.

Willard Gondo ist unser Freund, er war mit uns in der OM10 aktiv und ist Teil unseres Projekts. Bis heute sind wir mit ihm im Austausch. In Norwegen wartet Willard seit nun fast eineinhalb Jahren auf seinen Asylbescheid – in dieser Zeit wurde er mehrfach quer durch Norwegen verlegt, aktuell ist er auf einer kleinen Insel im Norden des Landes untergebracht.