„Our House“ hält an Konzept für solidarisches Zusammenleben fest und warnt vor Beförderung rassistischer Ressentiments

„Our House OM10“ reagiert mit Verwunderung und deutlicher Kritik auf die unqualifizierten Äußerungen des niedersächsischen DGB-Vorsitzenden Hartmut Tölle1. Die Initiative, die das ehemalige DGB-Haus nach jahrelangem Leerstand durch eine Besetzung wieder nutzbar gemacht hat, hält an ihrem gelebten Konzept für ein solidarisches Zusammenleben von Geflüchteten und anderen Wohnungssuchenden fest. Zugleich warnen wir den DGB davor, im Konflikt um die Immobilie auf die Mobilisierung rassistischer Ressentiments zu setzen.

Tölle hatte verkündet, die Zukunft des Gebäudes ohne jegliche Beteiligung der Initiative zu planen und es in eine Unterkunft für Auszubildende und Studierende umzubauen. Den Aktivist_innen, die sich seit Monaten in dem Haus engagieren, warf er vor, sie hätten „Flausen im Kopf“. Die Initiative erklärt dazu: „Es ist schon erstaunlich mit welcher Arroganz Herr Tölle an die Öffentlichkeit tritt, nachdem der DGB das Gebäude jahrelang leerstehen ließ. Diese unverantwortliche Situation ist durch die Besetzung beendet worden und in kürzester Zeit wurde ein Projekt mit Vorbildcharakter verwirklicht, das breite zivilgesellschaftliche Unterstützung genießt. Geflüchtete und andere Menschen organisieren hier eigenständig ein solidarisches Zusammenleben und die Renovierung des Hauses. Auf diesem Weg werden wir in den kommenden Wochen und Monaten weiter voranschreiten.”

Empört ist die Initiative über Tölles Äußerung, wegen „Ärger mit Anliegern“ müsse man „bei allem Gutmenschentum, auch mal aussprechen, dass die Neigung, Flüchtlinge in der Altstadt zu haben, nicht so ausprägt ist“. Es lässt tief blicken, dass Tölle für die Diffamierung einer unliebsamen Initiative auf das Unwort des Jahres 2015 zurückgreift. Vor allem sind seine Äußerungen aber ein schändlicher Versuch, die eigenen Planungen durchzudrücken, indem man Geflüchtete als Problem kennzeichnet und ihre Isolierung von der restlichen Bevölkerung als legitim darstellt. Die OM10 stellt sich klar gegen jeden Versuch, gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen. Derartige Statements befördern rassistische Ressentiments und sind ein Schlag ins Gesicht für die vielen Gewerkschaftsmitglieder, die sich seit Monaten in der Unterstützung von Geflüchteten engagieren. Verschiedene Gewerkschaftsgliederungen haben sich in den vergangenen Monaten bereits mit dem Projekt „Our House OM10“ solidarisiert. Darüber hinaus sind zahlreiche Gewerkschaftsmitglieder direkt in der OM10 aktiv. Sie kämpfen sie auf diese Weise für gewerkschaftliche Grundwerte, indem sie sich für ein solidarisches Zusammenleben einsetzen, das Menschen aus verschiedensten Herkunftsländern mit einschließt.

„Our House“ macht darauf aufmerksam, dass sich die Initiative von Anfang an gesprächsbereit gezeigt und den Kontakt zum DGB gesucht hat. Gerade vor diesem Hintergrund sind die Planungen hinter dem Rücken der Initiative und die Ignoranz gegenüber den engagierten Göttinger_innen besonders ärgerlich. Die Äußerungen zeugen von völliger Unkenntnis der Stimmungslage in Göttingen. Gerade auch angesichts der großen Zustimmung vonseiten der Anwohner_innen werden wir zuversichtlich den Ausbau des Projekts vorantreiben.

1. Göttinger Tageblatt: Göttingen: DGB erteilt Besetzern eine Abfuhr