Auch in Freiburg setzt sich eine Initiative für die Nutzung eines leerstehenden Hauses des DGB als ein Soziales Zentrum in dem ein selbstorganisiertes Leben von Geflüchteten und anderen Menschen stattfinden kann. Anlässlich ihrer heutigen Kundgebung haben wir ein Soli-Statement verfasst.
Liebe Freiburgerinnen und Freiburger, liebe Menschen aus aller Welt!
Aus dem besetzten ehemaligen DGB-Haus in Göttingen, der OM10, grüßen wir Euch ganz herzlich. Seit fast vier Monaten verfolgen wir Euren Kampf für ein Soziales Zentrum für Alle. Mit Freude sehen wir, dass Euer Bündnis wächst und Ihr einen Verkauf des Ex-DGB-Hauses in der Hebelstraße an einen Investor bisher verhindern konntet.
Wir erleben eine globale Krise, die Menschen hier in Europa und überall auf der Welt ausbeutet, in Armut treibt, einsperrt und ausgrenzt. Eine Krise, in der alltägliche sexualisierte Gewalt verschleiert wird und sich offene rassistische Hetze und Übergriffe gegen Menschen in Not ausbreitet. Eine Krise, die durch wirtschaftliche und militärische Kriege die Lebensgrundlagen zerstört, zur Flucht zwingt und tötet. Wir sind überzeugt, dass emanzipatorische Kräfte angesichts dieser Zustände einmal mehr aufgefordert sind, Verantwortung zu übernehmen und praktische Solidarität zu üben – auf allen Ebenen, mit allen gebotenen Mitteln.
Wir möchten Euch kurz aus Göttingen berichten. Seit dem 5. November 2015 halten wir das ehemalige DGB-Haus in Göttingens Innenstadt besetzt. Formaler Eigentümer ist – wie auch bei Eurem Haus – die Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft, VTG, in Berlin. Sie ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des DGB. Unser Haus stand seit sechs Jahren leer. Angesichts der offenkundigen Wohnungsnot in Göttingen haben wir uns entschieden, das Haus ohne vorherige Anfragen einfach zu übernehmen. Vielleicht haben wir es gut gemacht, vielleicht hatten wir Glück – zu einer Räumungsandrohung ist es bisher nicht gekommen.
Aktuell leben im Haus elf Geflüchtete mit zahlreichen anderen Besetzerinnen und Besetzern aus Göttingen. Sie sind mit uns in die OM10 gezogen, da sie in völlig überfüllten Massenunterkünften nicht zur Ruhe kommen können, in ihren Unterkünften sexistischen Übergriffen ausgesetzt sind oder mit ihren Freundinnen und Freunden zusammenleben wollen. Unser Haus ist groß genug, dass wir auch einen Rastplatz anbieten können. Bei uns heißt das Fluchthilfe: Fast jeden Abend gehen wir zum Bahnhof und laden Geflüchtete, die dort gestrandet sind, für die Nacht in unser Haus ein. Bei uns können sie reden, essen, schlafen und erhalten Infos und Hilfe. Im Keller der OM10 ist ein Umsonstladen mit Kleidung, im großen Saal in der ersten Etage finden Veranstaltungen und Café-Nachmittage statt, es wird gekocht und geklönt. Hier treffen sich auch Geflüchtete, um sich gegen drohende Abschiebungen zu organisieren, es gibt Deutschkurse für Alle und Rechtsberatung wird vermittelt. Hier finden auch unsere offenen Plena statt, bei denen Entscheidungen für das Haus getroffen werden.
Nach sechs Jahren Leerstand ist das Haus wieder mit Leben gefüllt. Möglich ist dies, da es von unzähligen Menschen in Göttingen getragen wird. Räume werden renoviert, Wäsche wird gewaschen, Möbel und Geld werden gespendet. Viele Gruppen, darunter auch viele lokale und regionale Gewerkschaftsverbände, erklären sich mit der OM10 solidarisch. NachbarInnen sind interessiert und bringen Lebensmittel. Die OM10 hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Zentrum für Wohnen und politische Aktion mit Geflüchteten entwickelt.
Der DGB weiß, dass wir gemeinsam mit vielen Menschen entschlossen sind, unser Haus gegen eine mögliche Räumung zu verteidigen. Da wir sehen, dass das Haus tatsächliche Bedürfnisse bedient, gibt es für uns nur eine Frage: Wie kann eine Legalisierung und damit eine dauerhafte Nutzung erreicht werden? Unser Ansprechpartner ist dabei nicht die VTG. Die VTG verfolgt nur Verwertungsinteressen, ihre Maßgabe lautet Profit mit den Immobilien des DGB zu machen. Ansprechpartner ist für uns daher ausschließlich der DGB. Ihn fordern wir dazu auf, die politische Verantwortung für seine Gebäude und ihre Nutzung wahrzunehmen. Das vom ihm selbst ungenutzte Haus soll er zur Verfügung stellen, um angesichts des derzeitigen Mangels an günstigem Wohnraums und der diskriminierenden Massen-Unterbringung von Geflüchteten ein Zeichen zu setzen, dass menschenwürdiges Wohnen für alle möglich ist. Darum ringen wir aktuell. Wir sind froh, dass wir Euch mit Eurem Projekt in dieser Auseinandersetzung an unserer Seite wissen!
Liebe Freundinnen und Freunde, wir wünschen Euch Entschlossenheit und Erfolg im Kampf für ein Soziales Zentrum für Alle in der Hebelstraße!
Den DGB-Bundesvorstand fordern wir auf, aktuell nicht genutzte Häuser für selbstverwaltetes, solidarisches Miteinander zur Verfügung zu stellen.
Für praktische Solidarität! Her mit der Hebelstraße 10!