100 Tage „Our House OM10“: Ein Projekt mit Vorbildcharakter

Seit dem 5. November 2015 hält die Initiative „Our House OM10“ das ehemalige DGB-Haus in der Oberen Masch-Straße 10 in Göttingen besetzt. In nur 100 Tagen ist ein Projekt mit Vorbildcharakter entstanden, das von einer breiten zivilgesellschaftlichen Unterstützung getragen wird.

Große Teile des jahrelang leerstenden Gebäudes sind inzwischen mit fachlicher Unterstützung renoviert und hergerichtet worden. Zwei der geplanten vier Wohnungen sind bereits fertig gestellt. Hier ist sowohl Wohngemeinschafts- als auch Familienleben möglich. Neun Geflüchtete sind mit einer langfristigen Perspektive eingezogen und konnten so den unhaltbaren Zuständen in den Sammellagern entkommen. Sie leben nun in einem Haus, das zwar teilweise noch von Provisorien geprägt ist, dass aber in vielerlei Hinsicht bereits einem annehmbaren Wohnstandard entspricht. Mit anderen Menschen im Haus teilen sie einen solidarischen Alltag und die gemeinsamen Bemühungen um einen weiteren Ausbau des Projekts.

Die Fluchthilfegruppe lädt nahezu jede Nacht Refugees, die am Göttinger Bahnhof stranden, in das Haus ein und bietet hier einen warmem Schlafplatz, Essen, Trinken, Informationen, sowie ein offenes Ohr und Austausch. Dabei wird die Fluchthilfe von der Gruppe „Conquer Babel“ mit Dolmetscher*innendiensten und auch von etlichen Personen, die beispielsweise die viele anfallende Bettwäsche zum Waschen abholen, unterstützt. Die OM10 konnte inzwischen etwa 450 Menschen auf der Flucht einen Schutzraum bieten.

An vier Wochentagen führt die „Conquer Babel“ auf freiwilliger Basis im Haus Deutschkurse durch. Damit kann der rassistischen Asylpraxis, bei der nur ausgewählten Gruppen von geflüchteten Menschen in diesem Land Zugang zu Deutschunterricht bezahlt wird, ein Kontrapunkt gesetzt werden.

In einem Umsonstladen werden kostenlos Kleidung, Schuhe und andere gespendete Utensilien angeboten.

Seit Beginn der Besetzung finden im Haus neben den täglichen Aktivitäten rund um das Aufrechterhalten und den Ausbau der Infrastruktur sowie gemeinsamem Kochen und Essen auch verschiedenste Veranstaltungen wie Filmabende, Theateraufführungen, Vorträge, Konzerte, Siebdruckaktivitäten statt. Es hat sich ein Raum für Vernetzungsarbeit, Vorbereitung von gemeinsamen politischen Aktivitäten und Selbstorganisation auch von Geflüchteten etabliert.
Zudem ist das Haus an drei Nachmittagen in der Woche als Café geöffnet, am Montag für Frauen (FLTI). Dann ist ein ungezwungener Austausch bei Getränken und Keksen oder Kuchen mit Musik, mit Kickern und anderen Spielen möglich.

All dies konnte und kann nur mit Hilfe der unzähligen Spenden und der freiwilligen Unterstützungsarbeit ermöglicht werden. So hat sich die OM10 in kurzer Zeit als ein Ort des politischen und solidarischen Zusammenkommens und –lebens etabliert, der aus unserer Stadt nicht mehr wegzudenken ist. Gestärkt durch unsere bisherige Erfolgsgeschichte werden wir weitermachen und der rassistischen Asylpraxis, menschenverachtender Hetze und unwürdigen Lebensbedingungen entgegen treten.

Wir sind gekommen um zu bleiben!